Beziehungs-
gerechtigkeit in der Praxis

Beziehungsgerechtigkeit in der Praxis

Es ist wohl wirklich so, dass wir das Leben und das Erlebte erst rückblickend ganz verstehen können. Damals, in den 3 Jahren als aktiver Mentor bei Big Brothers Big Sisters Österreich, kurz BBBSÖ, war mir folgendes noch nicht wirklich klar: „Ohne Beziehungsgerechtigkeit funktioniert die Beziehung zwischen dem Kind und seinem Mentor nicht.“ Intuitiv hatte ich schon irgendwie danach gehandelt, bewusst ist es mir aber erst Jahre später geworden.

Im Mentoring für Kinder und Jugendliche wurde für Andreas Pulker die Notwendigkeit von Beziehungsgerechtigkeit klar sichtbar

Dass ich auf BBBSÖ überhaupt aufmerksam geworden bin, war ein Zufall. Das war wohl schon einmal eine gute Basis, denn ich hatte somit wenig Erwartungen. Es war vor allem Interesse, Neugier und die Überraschung, dass es so ein Projekt überhaupt gibt. Ein Zeitungsartikel des damaligen Geschäftsführers hatte mich so angesprochen, dass ich unbedingt mehr davon wissen musste.

Rückblickend war es wohl mehr als nur Zufall, dass wir uns überhaupt begegnet sind, BBBSÖ und ich. Beginnend damit, dass ich diesen Artikel überhaupt vor meine Augen bekommen hab. Ich lese an Freitagen keine Zeitung, ich lese generell wenig Zeitung. Aber an diesem Freitag, den 14. August des Jahres 2015, hab ich auf eine OP-Nachuntersuchung beim Augenarzt gewartet, tags zuvor hatte ich mir die Augen lasern lassen. Ich war eher froh, dass ich die Zeitung überhaupt liegen sah. Dass ich Buchstaben entziffern konnte, damit hatte ich schon gar nicht gerechnet. Ort, Zeit, Raum und Umstände waren mal sowas von nicht geplant.

Aber das mit dem Zufall ist so eine Sache. Dinge als zufällig zu bezeichnen, hatte mir irgendwie nie wirklich getaugt, denn das fühlte sich irgendwie ausgeliefert, unkontrolliert und willkürlich an. Mittlerweile geht es mir mit den Zufällen viel besser, denn wenn ich ehrlich zu mir bin, kann ich ganz wenig wirklich kontrollieren oder steuern. Wenn es dann unter der fiktiven Kontrolle nicht so ganz lief, wie ich’s mir vorgestellt hatte, war ich meist angefressen und enttäuscht. Der beste Ansatz, den ich bis jetzt dazu gefunden habe, lautet: „Die Akzeptanz dessen, was ist“. In der Praxis ist das jedes Mal aufs Neue schwer und gelingt bei weitem nicht immer. Aber es wird mit der Zeit immer ein klein wenig besser und ich merke, dass mir diese Akzeptanz eine neue Gelassenheit bringt. Bei der Akzeptanz des Zufalls und des Zufälligen hat mir ein Norddeutscher geholfen. Er hat es so formuliert: „Zufällig ist das, was dir zufällt wenn’s fällig ist“. Also BBBSÖ war für mich fällig, und genau darum ist es mir zugefallen. Damit kann ich sehr gut leben.

Wie auch immer wir es nennen, nachdem ich mit dem Zeitungsartikel durch war, habe ich mich sofort dran gemacht, Oliver über Xing anzuschreiben. Es waren Zeilen, mit welchen ich ihm beschrieben hab, dass dieses Konzept für mich sinnvoll ist. Dann fiel mir ein: “Ja genau, warum schauen wir nicht auf alle Beziehungen so, wie man in diesem Programm auf die Beziehung Acht gibt?“. Ich empfand so ein Unverständnis, warum wir oft so wenig wertschätzend in Beziehungen miteinander umgehen. Denn der Mentoring Ansatz von BBBSÖ ist nichts Neues, er ist keine Raketenwissenschaft: “Beziehungen die auf Augenhöhe, gegenseitig wertschätzend und langfristig gedacht sind wirken sich positiv auf die Beziehungspartner und auch deren Umfeld aus. Nicht Lehrer und Besserwisser sein, sondern sein Gegenüber so nehmen wie es ist und ihm aufmerksam respektvoll zur Seite stehen.“

Als ich im Herbst 2015 dann die Menschen hinter BBBSÖ kennengelernt durfte, war für mich die Basis, mich für eine Mentorenschaft zu bewerben, gelegt. Ein kleines Team mit einer großen thematischen Expertise und einem ansteckenden Engagement Kinder und Jugendlichen zu unterstützen, denen sie die stabilisierende Beziehung zu einem Mentor zur Seite stellen. Sie achten mit Umsicht darauf, dass keiner der Beziehungspartner auf der Strecke bleibt. Im Grunde ist hier auch schon die vitraya Beziehungsgerechtigkeit wirksam, auf welche sorgsam geachtet wird. Denn die Beziehungsgerechtigkeit ist der Schlüssel für das Gelingen der Beziehung.

Mittels connectors News